„Wie wohl ist dem, der dann und wann
Sich etwas Schönes dichten kann.“
[Wilhelm Busch]

Zeit seines Lebens ekelte sich der Dichter, Maler und Zeichner Wilhelm Busch (1832-1908) vor Schweinefleisch. Das mag daran gelegen haben, dass er in seiner Kindheit im Schaumburger Land recht häufig mit den üblichen Hausschlachtungen konfrontiert worden war, die in ihm eine tiefe Abscheu gegen die faszinierend-abstoßende Metamorphose in Wurst einpflanzte. Busch, der später durch seine derb-humoristischen Bildergeschichten bekannt wurde und dadurch als Mitbegründer des deutschen Comics gilt, war im Grunde seines Herzens ein sensibler und feinsinniger Mann, der nichts sehnlicher wünschte, als erfolgreicher Kunstmaler zu werden. Besonders die niederländischen Maler hatten es ihm angetan. Allerdings scheiterte er dabei an seinen eigenen Ansprüchen. Er brach sein Kunststudium ab, ließ sich treiben.

Wilhelm Busch ging das alles mächtig auf den Senkel und er war bereits drauf und dran, sich nach Brasilien abzusetzen, um dort seiner großen Leidenschaft, der Imkerei, zu frönen. Bekanntheit erlangte der Künstler schließlich durch seine bebilderten Geschichten, die den Nerv der Zeit trafen. In seinen Münchner Jahren konnte sich Busch dadurch nach und nach finanziell konsolidieren. Insbesondere „Max und Moritz“ wurde ab der zweiten Auflage ein absoluter Knaller. Nicht wenige Kritiker bezeichneten das Werk in der Folge als frivol und jugendgefährdend, was seinem Erfolg allerdings keinen Abbruch tat.

In der Kunstform Comic gehen Literatur und Bildende Kunst eine faszinierende Liaison ein. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von sequenzieller Kunst. Die Bezeichnung Comic ist aus dem Englischen entlehnt und bezeichnet ursprünglich eine humorvolle Bildergeschichte. Zwar existiert ein ganzes Arsenal synonymer oder divergierender Begriffe, etwa Cartoon, Manga, Bildergeschichte. Gemeinsamkeit besteht indes im Sachverhalt des grafischen Erzählens mittels sequenzieller Technik, also dem Aneinanderreihen von Bildern, um eine Geschichte zu erzählen. Dabei kann bisweilen auch auf den Text verzichtet werden, die Bilder sprechen dann für sich.

Dass es Comics nicht erst seit der jüngsten Vergangenheit gibt, ist eine Tatsache. Genau genommen reicht diese Kunstform bis weit in die Vergangenheit zurück. Die römische Trajansäule aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert etwa kündet mittels spiralförmig aufsteigenden Reliefs mit einer Gesamtlänge von zweihundert Metern von militärischen Erfolgen. Über zweitausend menschliche Figuren lassen sich auf dem Fries identifizieren, gepanzerte Pferde, Bogenschützen. Weitere Beispiele finden sich im Alten Ägypten, im präkolumbischen Amerika und im fernen Osten. Comics können dementsprechend als anthropologische Konstante betrachtet werden.

Nun denkt man bei Comics im engeren Sinne möglicherweise an Bildergeschichten für Kinder und Jugendliche, die in erster Linie der Unterhaltung dienen, etwa an Donald Duck, Mickey Mouse oder – im Osten Deutschlands – die Zeitschrift Mosaik. Comics sind allerdings derart genre- und zielgruppenübergreifend, dass sie sich mitnichten nur zur Unterhaltung ganz junger Menschen eignen. Auch ist der Vorwurf, bei Comics handele es sich um literarisch wertlose Schundliteratur, natürlich ausgemachter Blödsinn. Comiczeichner wie beispielsweise Moebius, Gilbert Shelton oder Robert Crumb stellen unter Beweis, dass Comics in hohem Grade kunstsinnig, kulturwissenschaftlich sowie politisch sein können. Es ist die geistreiche Liaison von Wort und Bild, die Comics – ebenso wie übrigens auch das Genre Film – zu einem vielschichtigen und anspruchsvollen Ausdrucksmittel macht. Freuen wir uns demensprechend auf die fünfte Folge von Dr. Knottos Underground Comixxx, die aller Voraussicht nach auf dem 2. Wittmunder Literaturfest im Herbst 2023 präsentiert wird.

Dr. Knottos Koole Kunst Kolumne 15 (März 2023)