„Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit“ [Dietrich Bonhoeffer]
Im April 1933 nahm der Theologe und Widerstandskämpfer erstmals öffentlich Stellung gegen das Nazi-Regime. Das sollte Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) schlussendlich das Leben kosten. Wenige Tage vor Kriegsende ermordete man ihn im KZ Flossenbürg.
In der Folge wurde der kluge und mutige Mann zu einer Ikone von Zivilcourage und Anstand. Während seiner Haft verfasste Bonhoeffer einen bemerkenswerten Text über die Macht der Dummheit, der auch heute nichts an Aktualität eingebüßt hat. Bonhoeffer erkennt, dass Dummheit ein gefährlicherer Feind des Guten ist als Bosheit. Denn während sich gegen das Böse protestieren ließe, indem man auf Vernunft und Verstand verweist, sei gegen die Dummheit kein Kraut gewachsen. Sie entzieht sich ganz einfach den Regeln des Logos. Nicht mit Logik ist ihr beizukommen, nicht mit Überzeugungskraft. Gute Gründe lässt die Dummheit einfach nicht gelten. Tatsachen, die dem eigenen Vorteil zuwiderlaufen, werden einfach nicht geglaubt. Argumente werden in maßloser Selbstgerechtigkeit beiseitegeschoben. Bonhoeffer gemahnt die Guten zu mehr Vorsicht gegenüber der Dummheit. Ihre Macht sollte nicht unterschätzt werden.
Nun sind die Dummen dieser Tage wieder vermehrt auf dem Vormarsch. Politisch, weltanschaulich und privat. Die Dummheit ist salonfähig geworden und reißt ihr Maul weiter auf, als noch vor wenigen Jahren. Zugegeben: sie war nie ganz ausgestorben. Aus Eigeninteresse und zum Verdruss des Allgemeinwohls folgte ihr immer eine beträchtliche Schar Anhänger. Neuerdings glotzt sie uns allerdings wieder unverhohlen und unverschämt aus dummdreisten Visagen an. Da wäre zum Beispiel der Politiker, der seine Truppen frech in einen souveränen Staat einmarschieren lässt, wo diese brandschatzen, vergewaltigen und morden. Da sind auf der anderen Seite jene Funktionäre, die dieser Aggression nur mit der provokanten Ausweitung ihres eigenen Militärbündnisses und noch mehr schweren Waffen zu begegnen imstande sind, ohne sich über die verheerenden Folgen im Klaren zu sein. Soviel zur weltpolitischen Ebene. Die Liste ließe sich ins Unendliche erweitern, wozu uns an dieser Stelle allerdings der Platz fehlt.
Bekanntlich zeichnet sich der Makrokosmos im Mikrokosmos nach – ist zumindest in anthropologischer Hinsicht seine Keimzelle. Und so nimmt es nicht wunder, dass uns die Dummheit auch in alltäglichen, nur vordergründig belanglosen Zusammenhängen begegnet. Da ist etwa der Lebensgefährte eines Familienmitglieds, das den menschengemachten Klimawandel bierselig verleugnet und sich bei rational begründetem Widerspruch beleidigt zum Opfer einer vermeintlichen Ökodiktatur stilisiert. Da ist der Vorgesetzte eines Freundes, der Inhalte zugunsten reiner Formalien vernachlässigt und dem es egal ist, ob er mit seinen Zahlen eine Bildungseinrichtung oder einen Schlachtbetrieb verwaltet. Und da ist die Mutter, die ihrem eigenen Kind den Vater vorzuenthalten trachtet, indem sie die von diesem mühsam erstrittenen Reisen und Begegnungen mit seiner Tochter auf alle erdenklichen und niederträchtigen Weisen torpediert – uneingedenk der offenkundigen Tatsache, dass aus dümmlicher Eitelkeit hier in erster Linie dem Kind geschadet wird.
Nun gibt es entgegen der Auffassung Friedrich Schillers, dass auch die Götter vergebens gegen Dummheit kämpfen, eine innere Haltung, welche die Anständigen gegen die Impertinenz der Dummheit feit – nämlich den Humor. Wenn Dir also wieder jemand Dummes dumm kommt, lach ihm frech ins Gesicht und genieße anschließend die beleidigte Fassungslosigkeit Deines Gegenübers. Denn Dumme sind grundsätzlich eitel und leicht aus der Fassung zu bringen.
Welf-Gerrit Otto [Dr. Knottos Koole Kunst Kolumne 10]